Geschichte

Die Wurzeln des Weissen Kreuzes

Das Wissen um die eigene Herkunft ist wichtig. In der Bibel betont Jesus mehrfach seine Wurzeln, wo er herkommt und zu wem er gehört. Bei Menschen sind Herkunft und Zugehörigkeit zentrale Aspekte für die Entwicklung von Identität. Auch als Schweizerisches Weisses Kreuz wollten wir  wissen, welche Wurzeln wir haben und welches «Erbgut» uns mitgegeben wurde. Dabei stellten wir fest, dass das SWK seit seiner Gründung den jeweils aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen begegnet.

Zeitgeschichtliches Umfeld – Sittlichkeitsbewegung

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts entschieden sich viele europäische Staaten dazu, Prostitution staatlich zu regulieren und Bordelle gesetzlich zu tolerieren. Diese staatlichen Massnahmen hatten zum Ziel, die weitverbreiteten Geschlechtskrankheiten einzudämmen.

In dieser Zeit führte die Industrialisierung in Europa zu einer rasch voranschreitenden Urbanisierung. Beide Entwicklungen veränderten bestehende soziale Verhältnisse und lösten bei Menschen Unsicherheiten aus. Sie betrachteten die Familie als bedroht. Die Verschleppung von Mädchen und jungen Frauen in Bordelle wurde gefürchtet und der «internationale Frauenhandel» als soziales Problem betrachtet. In diesem zeitgeschichtlichen Umfeld entwickelte sich die Sittlichkeitsbewegung, welche sich dem Kampf gegen die Prostitution verschrieb.

Josephine Elizabeth Butler, Kämpferin gegen Frauenhandel

Im Jahr 1875 veranlasste die Engländerin Josephine Elizabeth Butler, eine Kämpferin gegen den Frauenhandel, die Gründung einer «Internationalen Föderation zur Abschaffung der Prostitution» mit Sitz in Genf. Die Föderation lehnte neben der staatlichen Regulierung der Prostitution die Tolerierung von Bordellen ab. Insbesondere wehrte sie sich gegen die Gesetze, welche Prostituierte einseitig für die Übertragung von  Geschlechtskrankheiten verantwortlich machten, ohne die männlichen Klienten zur Verantwortung zu ziehen. Die Föderation propagierte als Mittel gegen die Prostitution eine präventive Massnahme, nämlich die «aussereheliche Keuschheit für Männer und Frauen». Weiterhin setzte sie sich für ein Ende der vorherrschenden Doppelmoral ein und für eine grundsätzliche gesellschaftliche Besserstellung der Frauen.

Eine Miss motiviert 139 Männer zur Gründung der Weisskreuzarmee

Miss Hopkins, eine Vertreterin der Sittlichkeitsbewegung, hielt 1883 im britischen Auckland Vorträge und als Folge davon gründeten 139 Männer die «Vereinigung der Weisskreuzarmee». Dies wird als die Geburtsstunde des Weissen Kreuzes in England betrachtet. Beinahe zeitgleich wurde eine «Weisskreuzgesellschaft» mit ähnlichen Zielen gegründet und 1891 schlossen sich die beiden zur «White Cross League» zusammen.

Ausbreitung und 1892 Gründung in der Schweiz

Diese zivilgesellschaftliche Bewegung breitete sich rasch aus, auch in die USA und auf dem europäischen Festland. In Deutschland schlossen sich 1890 dreizehn junge Männer im CVJM Berlin zum «Weissen Kreuz» zusammen.

In der Schweiz entstanden 1892 erstmals «Gruppen des Weissen Kreuzes», ausgehend von CVJM und Jünglingsvereinen in Zürich, Bern, Basel und St. Gallen. Danach folgten Schaffhausen und Winterthur. 1903 fand in Zürich die erste Konferenz des «Schweizerischen Sittlichkeitsbundes vom Weissen Kreuz» mit Vertretern aus sechs Sektionen statt.

An der Landesausstellung 1914 in Bern wurde der «Schweizerische Sittlichkeitsbund vom Weissen Kreuz» mit einer Goldmedaille ausgezeichnet für «verdienstvolle Bestrebungen auf dem Gebiete der Volkswohlfahrt». Mit dem Ausbruch des 1. Weltkrieges dehnten sich die Bildungsbemühungen auf Soldaten und die breite Bevölkerung aus. 1929 gab es bereits 46 lokale «Sittlichkeitsbündnisse», davon fünf französischsprachige.

Bundeszeichen, Gelübde und Namensänderung

Der «Schweizerische Sittlichkeitsbund vom Weissen Kreuz» hatte als Bundeszeichen ein Schild mit weissem Kreuz auf blauem Grund. Die weisse Farbe symbolisierte Reinheit, blau stand als Sinnbild für Treue. Das Gelöbnis der jungen Männer bei ihrem Bundesbeitritt begann mit den Worten: «Ich verspreche im Vertrauen auf die Kraft und Hilfe Gottes, alle Frauen und Mädchen mit Achtung zu behandeln und sie vor Beleidigung und Herabwürdigung nach Kräften zu schützen.»

1935 wurde der Name «Schweizerischer Sittlichkeitsbund vom Weissen Kreuz» geändert zu  «Schweizerischer Bund vom Weissen Kreuz» und im Jahr 1974 zum noch heute gebräuchlichen Namen «Schweizerisches Weisses Kreuz».

Verwurzelt seit 1892

Mit diesem wertvollen Erbe und den Wurzeln, die wir haben, antwortet das Schweizerische Weisse Kreuz immer wieder neu auf die jeweils aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen.

Seit 1892

  • erfolgt das Engagement auf der Basis von christlichen Werten
  • spielt die von Gott geschenkte Würde für Menschen eine zentrale Rolle
  • sind Achtung und Respekt im Umgang miteinander zentrale Punkte
  • soll durch vorbeugendes Handeln Schaden vermieden werden
  • werden junge Menschen gebildet, begleitet und befähigt
  • werden positive Auswirkungen für die ganze Gesellschaft angestrebt

Wir bleiben dran.