Wie oft begegnen zwei Menschen einander in der Hoffnung: «Wenn ich mit dieser Person zusammen bin, wird sie mich glücklich machen. Sie wird meine Bedürfnisse erfüllen und die Lücken in meinem Leben schliessen. Ich werde komplett sein mit meinem richtigen Deckel auf dem Topf.»
Ein Partner, eine Partnerin im Leben schliesst definitiv die Sehnsuchtslücke nach einem stabilen Gegenüber, jemandem, der/die mit einem durch dick und dünn geht, verbindlich und zuverlässig an der Seite bleibt. «Geteiltes Leid ist halbes Leid, geteiltes Glück ist doppeltes Glück», heisst es. So trägt eine stabile Partnerschaft zu einem abgerundeten, zufriedenen Leben ohne schmerzliche Lücke bei.
Eine Lücke ist etwas Unvollkommenes, Unzulängliches, Unausgefülltes. Eine offene, leere Stelle, an der etwas im Ganzen fehlt, unzureichend gefüllt ist und als Mangel empfunden wird. Irgendwo ist ein Spalt, in den man fallen kann, wo es ungemütlich nass hereintropft, kalter Wind durchbläst, das Leben unzufrieden und unfertig macht. Kein schönes Gefühl.
Entstehen Lücken vor allem aufgrund einer fehlenden Partnerschaft?
Menschen empfinden in verschiedenen Situationen das Gefühl von Mangel. Die Anthropologie spricht vom Menschen als «Mängelwesen». Menschen sind in sich immer auf eine Art ergänzungsbedürftig durch kulturelle Errungenschaften und soziale Strukturen. Sie sind es von Geburt an und bleiben es ein Leben lang – mit oder ohne Partnerschaft.
Manchmal wollen Menschen einen Partner zum «Lückenfüller» oder «Lückenbüsser» machen. Sie erwarten, dass ihr Partner allen Mangel ausgleichen soll. Doch können zwei unvollkommene Menschen nicht einfach gemeinsam vollkommen werden. Ein afrikanisches Sprichwort besagt, dass es «ein ganzes Dorf braucht, um ein Kind zu erziehen». So könnte man erweitern: «Es braucht mehr als einen Menschen an der Seite, um die eigenen Mängel auszugleichen und persönliche Lücken zu füllen.»
Welche Lücken empfinden Menschen in ihrem Leben?
Allem voran steht die Erfüllung von körperlichen Bedürfnissen, aber auch Schutz, Sicherheit und soziale Zugehörigkeit. Ein stabiles soziales Netz findet sich z. B. in familiären und freundschaftlichen Banden, in Zugehörigkeit zu einer Nachbarschaft, Verein, Dorfgemeinschaft, Gemeinde und eher weniger in digitalen sozialen Netzen oder Likes. Diese Mangelbedürfnisse führen zu einem bohrenden Loch, wenn sie nicht erfüllt sind. Ist dieses Fundament stabil, entsteht das Bedürfnis nach weiterem persönlichem Wachstum, wie Wertschätzung, Anerkennung, Status, Freiheit, Selbstwirksamkeit, Gestaltungsraum und Entfaltung der Persönlichkeit. Die Erfüllung dieser Bedürfnisse führt zu Glücksempfinden und Zufriedenheit.
Eine innere Leere kann auch empfunden werden aufgrund von fehlender Sinnhaftigkeit. Die unerfüllte Suche nach einem höheren Grund und Ziel, Hoffnung über das Sichtbare hinaus, Anbindung an Gott hinterlässt eine bleibende Lücke, die Menschen nicht füllen können. Der Psychiater Viktor Frankl spricht von einem existenziellen Vakuum, das eine Lücke im Leben erzeugt, die langfristig zu Depressionen oder Suchtverhalten führen kann. Es braucht im Leben ein Wozu, Wofür, Wohin und die Verankerung in einem erfüllenden Lebenssinn. Diesen Sinn sieht er in der Verwirklichung von Wertvollem, das man selbst erleben, schaffen oder gestalten – aber auch in Grundhaltungen, die man verwirklichen und leben – kann. Ein solches Vakuum kann der Partner nicht füllen und die Erwartungen an ihn überfordern und belasten die Beziehung.
Wenn ein nahestehender Mensch uns verlassen hat oder genommen wurde, hinterlässt dieser eine Lücke, die andere ebenfalls nicht füllen können. Niemand ist genau gleich wie jemand anderes. Solche ungefüllten Lücken kann man nur vertrauensvoll in Gottes Hand legen, dass er sie mit seiner heilenden Liebe füllt. Manche Lücken gilt es auszuhalten, an einer «Schliessung» zu arbeiten, dafür zu beten und zu hoffen, aber «den Stachel im Fleisch» teilweise auch zu ertragen, im Bewusstsein der eigenen Unzulänglich- und Ergänzungsbedürftigkeit.
Wer gefüllt ist, kann selbst befüllen
Wer in sich ruht, Grundwerte wie Grosszügigkeit, Vergebung, Gelassenheit, Freundlichkeit, Ehrlichkeit, Empathie lebt und Sinn, Halt und Glauben hat, wird zu einem ansprechenderen Gegenüber in Partnerschaft und Gemeinschaft. Er überfordert oder «benutzt» Beziehungen nicht mit unerfüllbaren Erwartungen, sondern beschenkt diese mit einer zufriedenen, ausgeglichenen Persönlichkeit. Dies ist eine gute Voraussetzung für eigene erfüllende soziale Beziehungen.
Team Ehe und Beziehung
«Gerne halte ich dem Bildungsteam den Rücken frei, damit sie ihre wertvollen Impulse für Beziehung und Erwachsenwerden weitergeben können.»