Barbie ist die bekannteste Puppe der Welt. Sie konnte bereits ihren 64. Geburtstag feiern. Notabene mit einem faltenlosen Gesicht. Erstmals wurde sie 1959 auf einer Spielzeugmesse in New York vorgestellt. Als lebende Frau hätte sie leider keine Chance, ihre Geburtstage zu feiern. Denn ein menschliches Wesen mit solchen Proportionen wäre schlicht nicht lebensfähig.

Barbie im Rollenspiel

Mittlerweile gibt es über 30 Trickfilme und einen aktuellen Spielfilm mit Barbie. Es gibt Barbie-Puppen, die wie berühmte Persönlichkeiten aussehen und Barbie hatte schon über 150 Berufe, u.a. war sie auch schon Astronautin, Delphintrainerin, Pilotin und Zahnärztin. Mutter ist sie keine und somit kennt sie weder Schwangerschaftsstreifen noch Cellulite. In der Welt von Kindern und in ihren Rollenspielen kann Barbie Freundin, Schwester, Heldin und Vorbild sein.

Barbie-Syndrom

Wenn Barbie ein menschliches Wesen wäre, hätte sie die Modelmasse 99-46-84. Mit einem Taillenumfang von 46 cm und diesen Proportionen wäre sie nicht überlebensfähig: Ihr Unterleib würde nicht genügend Platz bieten für lebensnotwendige Organe. Wahrscheinlich wäre sie unfruchtbar und jeder Schritt wäre ein enormer Balance- und Kraftakt für sie. Und dennoch gibt es Frauen, die den starken Wunsch haben, wie Barbie auszusehen und sich den Massen der Puppe annähern wollen.

Da keine Frau über solche Körperproportionen verfügt, sind chirurgische Eingriffe notwendig. Bekannt wurde der Fall einer Amerikanerin, die nahezu 30 Operationen an sich vornehmen liess, um wie Barbie aussehen zu können. Dies wird als «Barbie-Syndrom» bezeichnet.

Unterscheiden üben

Früher mussten junge Menschen lernen, dass beim Sammeln von Nahrung im Wald nicht jede Pflanze essbar ist. Heute müssen Kinder und Jugendliche beim Sammeln von Informationen im Internet lernen, dass nicht alles, was das Auge sieht, auch real ist oder gesund zum Konsumieren. Ein kritischer Blick auf Bilder kann trainiert werden, ebenso die Fähigkeit, zwischen Realität und Fiktion zu unterscheiden.

Anhand von Barbie wird deutlich, dass ein überzogenes körperliches Ideal tödlich ist, denn diese Frau wäre nicht lebensfähig. Ein JA zu sich selber und zum eigenen Körper finden – das kann schwierig sein in einer von Bildern geprägten Welt, die konstant ideale Masse und optimierte Fotos zeigt.

Gesunde Prägung und Identität

Dadurch, wie bereits kleine Kinder angeschaut werden, wie mit ihnen geredet wird, wir ihnen zugehört und mit ihnen umgegangen wird, erhalten sie eine Vorstellung davon, wer sie sind. Der Umgang der Eltern mit ihren Kindern und ihre Reaktion auf die Kinder können diesen vermitteln, dass sie wertvoll sind. Der Blick und die Stimme von Vätern und Müttern haben Gewicht, sie zählen enorm. Susanna Aerne – bis 2022 war sie Bildungsleiterin im Verein SWK – betont die Wichtigkeit von früher Prägung. Sie erklärt: «Die Vermittlung einer gesunden Identität ist wichtig. Die Familie hat hier eine wunderbare Möglichkeit, bereits sehr früh eine gute Basis ins Leben von Kindern zu legen.»

Heilsame Beziehung

Jeder Mensch wird geprägt und prägt andere. Dies beginnt schon ganz früh und hört nie auf. Eine gute Vorstellung über sich und andere legt eine wertvolle Basis fürs ganze Leben. Gleichzeitig besteht jederzeit Hoffnung, dass auch nicht ideale Prägungen oder fehlende Bindungserfahrung zu einem späteren Zeitpunkt durch gute Prägung und langfristig stabile Bindung «überschrieben» werden können. Das macht Mut, sich auf die Beziehung mit Menschen einzulassen und anderen heilsame Beziehung anzubieten.

Mit idealen Barbiefiguren kann niemand eine lebendige und heilsame Beziehung pflegen, aber mit ganz einzigartigen, wertvollen – und manchmal auch mühsamen – Menschen sehr wohl.